Quelle: BiBo Nr. 43 vom 22. Oktober 2015

Soll die «Schnägge»-Fasnacht wirklich aussterben?

Sie verkörpert Brauchtum und Tradition. Sie bewegt und emotionalisiert Generationen von Menschen jeglichen Alters und jeglicher Herkunft. Sie prägt(e) das Dorfbild und den Oberwiler Alltag. Sie? Ja, damit ist die Frau Fasnacht gemeint. Und diese soll (aus)sterben? Wir sagen: Nein, die Fasnacht wird weiterleben, wenn …

In der vorletzten Ausgabe (Nummer 41) vom 8. Oktober 2015 haben wir auf Seite 8, gleich unter dem Veranstaltungskalender, einen Artikel gelesen, der bei uns alle Alarmglocken schrillen liess. Das Fasnachts-Comité Oberwil zog ein Fazit aus dem Informationsabend vom 22. September im Restaurant Jägerstübli (Schickeria). BiBo hatte vorgängig auf diesen Abend hingewiesen, wo die personellen Weichen für die nächsten Fasnachtsjahre (vor-)gestellt werden.

Zugegen an der «Sitzung» war das Fasnachts-OK mit Präsident Thomas Probst («Pröper»), Vizepräsident Peter Wyss, Kassierin Carmen Laub, André Portmann, der für die Schnäggeposcht und sämtliche IT-Anliegen (ohne moderne Technologie geht es auch bei der Fasnacht nicht) verantwortlich zeichnet sowie Gérard Bachmann, dem das Ressort «Strassenfasnacht/Umzug» obliegt. Ein Quintett, das seit Jahrzehnten grosse, sehr grosse Verdienste rund um die Oberwiler Fasnacht hat.

Wer glaubte, dass Dutzende von Interessierten an diesem Dienstagabend mit am Tisch sitzen würden, um sich inskünftig für die «Schnägge-Fasnacht» zu engagieren, sah sich getäuscht. Und wurde bitter enttäuscht. Eine einzige Person kam in die «Schicki» und zeigte Interesse, inskünftig

im neuen Vorstand aktiv zu sein. Und die restlichen Oberwilerinnen und Oberwiler? War das Wetter nicht ideal für einen Gang in den Ortskern? Kam im Heimkino ein Krimi oder wurde «getschuttet»? Ist «gamen» und «chatten» interessanter?

Tatsache ist, dass das OK um das bewährte «Pröper»-Team nur noch die Fasnacht 2016 organisiert. Das ist ein Fakt. Das ist keine Drohung, sondern wird im Frühling 2016 Realität. Und dann? Tja …

Oberwil ist eine Gemeinde mit einer hohen Lebensqualität. Oberwil ist längst kein Bauerndorf mehr, hat aber seinen dörflichen-ländlichen-idyllischen Charakter bewahren können. Oberwil ist auf alte Fasnachtszeiten stolz, wo in der legendären «Krone» Maskenbälle über die Bühne gingen, welche weit über die Kantonsgrenzen hinausstrahlten. Der sonntägliche Strassenumzug lockt jeweils Abertausende von Besuchern in die Stadt, die auch Dorf geblieben ist.

Natürlich wissen wir, dass sich die Zeiten ändern. Uns ist bewusst, dass heute alle «im Stress leben» … Schule, Lehre, Aus- und Weiterbildung, Studium und Beruf (immer mehr auch mit Arbeitssuche verbunden) benötigen Zeit und Kraft. Daneben sollte die Familie nicht zu kurz kommen. Man will aber auch seinen Bekannten- und Freundeskreis pflegen. Und dann verlangt man noch, dass man sich in den Orts vereinen (vom Sportklub über die Feuerwehr bis zu Politparteien) engagiert. Und der BiBo stresst zusätzlich mit diesem Aufrufartikel, sich im Fasnachts-Comité zu engagieren.

Wir wollen aber nicht glauben, dass es unter den gut 10 500 Einwohnerinnen und Einwohnern nicht ein halbes Dutzend Menschen gibt, die nicht willens sind, sich für die Fasnacht zu engagieren. Leute, die selber Aktive sind. Vielleicht in der grossen Stadt ein wenig kürzertreten möchten, dafür in der langjährigen Wohngemeinde ihre Erfahrung einbringen. Zuzügerinnen und Zuzüger, die den Fasnachtsvirus mit sich tragen – und sich im «Schnäggedorf» einbringen möchten. Denn jeder Wechsel hat sein Gutes. Es kommen frische Kräfte mit neuen Ideen. Und warum sollte es in Nachbardörfern (wir denken da jetzt vor allem an Biel-Benken und Bottmingen) nicht Interessierte geben, die aktiv helfen wollen, die Oberwiler Fasnacht ins nächste Jahrzehnt zu führen?

Bereits in diesem Jahr ist der «Dorfmärt» auf dem Eisweiher eingestellt worden. Dank nachbarschaftlicher Hilfe (Roland Rosskopf, Therwil) wird er auf dem Coop-Zentrumsplatz im Frühling 2016 auferstehen. Muss die (Strassen-)Fasnacht auch aussterben, damit man sich bewusst wird, was für ein Kulturgut verloren geht?

Kurzum: Wir freuen uns nicht nur auf die Fasnacht 2016, sondern sind sicher, dass neue Leute im Comité mithelfen werden, diese jahrzehntelange Tradition am Leben zu erhalten. Denn ohne Fasnacht würde Oberwil viel, sehr viel verlieren!

Georges Küng